Fabelverzeichnis

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Buch 1
 


 
Christian Wahrmund
eigentlich Johann Nikolaus Funck


geb. 29. 03 1693 in Marburg
gest. 26. 12. 1777 in Rinteln
wo er auch Professor und Universitätsbibliothekar war.

Seine theologischen Schriften, meist erbaulicher Art,
gab er unter dem Namen Insander heraus.
Die poetischen zur Tugend und Vorsichtigkeit leitenden
"Fabeln" (1748) erschienen unter dem Namen Christian Wahrmund.
Quelle:
Christian Wahrmund/Poetische zur Tugend und Vorsichtigkeit leitende Fabeln/1748

Vorwort

Die Deutsche Poesie

Die Fama, die gewohnt, was lobenswert zu loben,
Hat derer deutschen Fleiß und edle Poesie,
Die recht empor gebracht, in ihrem Glanz erhoben.
Dies höret ein Pedant und rief: das leid' ich nie!
Der deutschen Poesie muß den Lateinern weichen!
Denn diese haben nur das rechte Silbenmaß
Mit welchen überall nichts deutsches zu vergleichen.
Soll's sein, so gleichet es, wie Diamant und Glas.

Was? sprach die Fama, hast du auch darein zu reden?
Schweig, dumm- und träges Tier, und trage deine Last!
Es hat der Tugend Pracht dein Urteil nicht vonnöten,
So wenig, als du hier was zu erinnern hast.
So weit es ein Virgil zu seiner Zeit getrieben,
Hat längstens Opitz schon die Poesie gebracht;
Wobei es lange nicht in dieser Kunst geblieben;
Daß sie die deutsche nun ganz unvergleichlich macht.
Die deutsche Poesie ist hoch genug gestiegen,
Und hat die Ehre, welch' ihr keine Sprache gibt.
Die Schönheit kann allein Pedante nicht vergnügen:
Denn diese sind in sich, gleich allen Narren, verliebt.

Sprich, edle Poesie, darf ich es auch noch wagen,
(Pedanten lassen es nicht, in dem Eifer zu)
Ein schlecht, doch wahres Wort in Reimen her zu sagen:
Es sollen Fabeln sein; denn diese liebest du.
Die Fabeln recht, rief Fam' und Poesie zusammen,
Nur schlecht, denn dieses kommt mit Fabeln überein;
Und welche diese Tracht, im Eigensinn, verdammen,
Die werden unsere, wie deine, Feinde sein.
Ein wahrer Christ wird dich, der Wahrheit wegen lieben,
Welch' ohne große Schand' auch niemand lästern kann.
Will einer aber sich nur in dem lästern üben,
Der nimmt die Tugend selbst zu seinem Vorwurf an.