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					Der Schäfer und sein Hund 
					 
					Ein Schäfer hatte einen vortrefflichen dänischen Hund, der 
					allen Wölfen furchtbar war, 
					aber des Tages ein großes Brot fraß. Der Schäfer wollte 
					sparen; er schaffte den großen 
					Hund ab, und nahm zwei kleine Spitze dafür. — "Sie werden 
					noch besser wachen!" — 
					sagte er: — "und kosten doch bei weitem nicht so viel." — 
					Aber er betrog sich. In der ersten Nacht schon kam der Wolf, 
					und fraß Hunde und Schafe. 
					+   +   + 
					Nationen! Die Allianz eines mächtigen Staates ist 
					nützlicher, als die Freundschaft noch so 
					vieler kleiner ohnmächtiger Fürsten! 
					 
					Der Affe und die Katze 
					 
					Der Affe und die Katze saßen um einen Herd, wo der Koch 
					Maronen backte. — "Was für 
					ein Leckerbissen!" — sagte der Affe, indem er sich zur Katze 
					wendete: — "Wie wäre es, 
					wenn du sie herausholtest? Hätte ich die Pfoten dazu! ich 
					wüßte, was ich täte." — 
					So fuhr er fort die Katze zu bereden; und es wirkte. 
					Bedächtig zog sie die erste aus der 
					Asche; flugs schlang sie der Affe hinunter: sie wollte jetzt 
					die zweite holen; 
					und verbrannte sich die Pfoten. 
					+   +   + 
					So opfert ihr euch auf, Generäle, für die Vorteile eines 
					indolenten wollüstigen Königs! 
					So vergießet ihr euer Blut, Nationen! für die Launen eines 
					hinterlistigen Ministers! 
					 
					Die Frösche und der Kranich 
					 
					Ein alter Kranich, der halb blind war, starb vor Hunger, 
					weil er die Frösche nicht mehr 
					sehen konnte. Eines Tages saß er traurig und nüchtern am 
					Ufer eines Teiches, als er 
					einen Frosch auf sich zukommen sah. 
					"Ach!" — rief er: — "Soeben hörte ich es! In acht Tagen wird 
					der Herr fischen! Eile, und 
					sage es deinen Freunden!" 
					Eine Schreckenspost für alle Fische! Die Verwirrung war 
					allgemein. Was wird man 
					anfangen? wie wird man sich retten? — Der Kranich wird um 
					Rat gefragt. 
					"Seid ohne Sorgen!" — sprach er: — "Ich will euch einen nach 
					dem andern in Sicherheit 
					bringen." — Man nimmt es an. Er trägt sie alle in einen 
					kleinen schmalen Bach, und 
					verzehrt sie einen nach dem andern. 
					+   +   + 
					Politiker! Wo ist eure Klugheit? Mit alten Feinden Schutz 
					und Trutzbündnisse zu schließen! 
					 
					Der Hund und die Schafe 
					 
					Ein Schäferhund hatte die böse Gewohnheit, die Schafe blutig 
					zu beißen. Sie beschwerten 
					sich endlich. — "Geh!" — sagte der Schäfer: "Du machst es 
					wie die Soldaten mit uns. 
					Du sollst die Schafe bewachen; und schindest sie." — 
					 
					Die Schildkröte und die 
					beiden Enten 
					 
					Eine Schildkröte hatte mit zwei Enten Bekanntschaft gemacht. 
					— "Ich möchte wohl gern 
					die Welt sehen!" — sagte sie: — "Wenn ich nur fliegen 
					könnte!" — Die Enten schafften 
					indessen Rat. Sie mußte einen Stock in den Mund nehmen: jede 
					Ente faßte an einem 
					Ende an; und so flogen sie mit ihr fort. 
					Wie erstaunten die Bauern! Welche Ausrufungen! — "Das ist 
					die Schildkrötenkönigin!" — 
					schrie alles. — "Ja, ich bin es! " rief das eitle Tier: — 
					aber indem sie den Mund öffnete, 
					ließ sie den Stock los, und stürzte zum allgemeinen 
					Gelächter herunter. 
					+   +   + 
					Wie mancher Große wurde auf seinen Reisen allgemein 
					bewundert, so lange er — schwieg. 
					 
					Der Schäfer und 
					seine Herde 
					 
					"Auf, meine Freunde!" — rief ein Schäfer seinen Schafen zu: 
					— "Mut und Tapferkeit! 
					Fürchtet euch nicht vor dem Wolf, haltet nur treulich 
					zusammen, und stehet fest und 
					unverzagt!" 
					Die Schafe versprachen es, und alle schworen, den Wolf zu 
					töten. Aber kaum zeigte er 
					sich in der Ferne — "Ach!" — schrien sie: — "Er möchte uns 
					auch zerreißen, wie unsere 
					Brüder!" — und liefen davon. 
					+   +   + 
					Anrede an geschlagene Armeen! Siehe die Zeitungen! 
					 
					Der junge Löwe 
					 
					"Sire!" — sagte der Fuchs, als Staatsminister des Leoparden: 
					— "Sei auf deiner Hut! 
					Dein Nachbar, der junge Löwe verspricht etwas!" — "Du irrst 
					Dich!" — antwortete der 
					Leopard: — "Es ist ein Kind!" — 
					Zwei Jahre vergingen; der Löwe wuchs heran. — "Sire!" — 
					sagte der Fuchs: — "Noch ist 
					es Zeit! Reibe ihn auf, oder suche seine Freundschaft! 
					Beides wird leicht sein! Seine 
					Zähne sind noch nicht alle gewachsen; sein Charakter ist 
					noch nicht entwickelt." — 
					"Du, irrst dich!" — antwortete der Leopard:— "Es ist ein 
					Schwächling!" 
					Zwei andere Jahre waren vergangen; der Löwe war 
					herangewachsen. Schon erscholl das 
					Gerücht von seiner Tapferkeit. "Sire!" — sagte der Fuchs: — 
					"Opfere eine Kleinigkeit auf! 
					Gib, ehe er nimmt!" — "Du bist ein Feiger!" antwortete der 
					Leopard: — "Ich verachte ihn: 
					er komme!" — 
					Der Löwe kam; und der Leopard bezahlte mit seinem Tode. 
					+   +   + 
					Geschichte der — n Macht und der Politiker in Norden. 
					 
					Die Frau und das Licht 
					 
					Eine Frau hatte ihren Ring verloren; sie zündete ein Licht 
					an, ihn zu suchen. Aber kaum 
					hatte sie ihn gefunden, als sie das Licht ausblies. 
					"Undankbare!" — sprach dieses: — "Du machst es wie manche 
					Fürsten! Sie vernichten 
					das Verdienst, sobald sie es nicht mehr brauchen." 
					 
					Die beiden Esel 
					 
					Zwei Esel, die bei einem Priester dienten, stahlen ein 
					Rauchfaß, und flohen in das Feld. 
					Ein Reisender, der vorüberging, sah sie im Gebüsche sitzen, 
					wie sie sich wechselweise 
					das Rauchfaß unter die Nase schwenkten. 
					+   +   + 
					"Kabinetskomplimente!" — sagte er: — "Kleine Fürsten, die 
					sich einander wie Souveräne
					behandeln!" 
					 
					Die beiden Flaschen 
					 
					Zwei Flaschen, eine Weinflasche und eine Bierflasche, waren 
					in Feindschaft geraten. 
					Die letztere hatte die erste verachtet; beide schworen sich 
					den Untergang. Der Kampf 
					begann; sie trafen aufeinander, und beide zerbrachen. 
					+   +   + 
					Wem fällt dabei nicht Frankreich und England ein! 
					 
					Der Löwe und die Tiere 
					 
					1. 
					 
					Die Tiere vernahmen, daß der Jäger dem Löwen nachstellte. 
					Sie machten sich auf, um 
					ihrem König beizustehen. Freilich hielten sie nun treulich 
					Wache; aber rings umher ward 
					auch alles in eine Wüste verwandelt. 
					"Es sind Hilfstruppen!" sagte der Löwe zu seinen 
					Vertrauten:— Sie machen es wie die 
					O —r in der Pfalz." 
					 
					2. 
					 
					In einigen Wochen war die Provision verzehrt, und auf dem 
					ganzen Gebiete kein Blatt 
					und kein Gräschen mehr. Die Tiere beratschlagten, was zu tun 
					wäre. — "Die Gefahr 
					ist vorüber!" — hieß es: — "Laßt uns fortziehen!" — "Nein!" 
					— sagte der Leopard: — 
					"Wir sind noch nicht bezahlt; der Löwe muß uns schadlos 
					halten!" — Was geschah? 
					Sie nahmen das Gebiet des Löwen weg, und in kurzem fiel der 
					arme Flüchtling in die 
					Grube des Jägers. 
					+   +   + 
					Vergleiche das Schicksal von M—n! 
					 
					Die Hunde und die 
					Katzen 
					 
					Ein Dutzend Hunde, und eben so viel Katzen lebten in dem 
					Hause eines Mannes ganz 
					friedlich beisammen. Durch Zufall ließ der Hausherr einmal 
					die Speisekammer offen, 
					und ging spazieren. Was für ein Getümmel! Alles strömte 
					hinein; jeder Hund, jede Katze 
					wollte allein Herr sein. Die Schwächern verbinden sich 
					indessen mit den Stärkern, und 
					endlich beginnt der fürchterlichste Kampf. 
					Von beiden Seiten waren schon mehrere geblieben, als der 
					Hausherr zurückkam. — 
					"Eine wahre europäische Republik!" — sagte er; und stiftete 
					Ruhe mit der Peitsche. 
					 
					Die Krebse 
					 
					Eine Anzahl junger und alter Krebse war zusammen gefangen 
					worden. Die Betrübnis war 
					allgemein. — "Wäret ihr feigen Buben nur nicht rückwärts 
					gegangen!" — sagten die 
					Alten. — "Wie?" — antworteten jene: "Und ihr ginget wohl 
					vorwärts?" — 
					+   +   + 
					Vorwürfe der All—ten in Italien, die alle liefen. — Vorwürfe 
					gewisser Generäle, die alle 
					nichts wert waren. — Siehe die Kabinettsberichte von —! 
					 
					Der Adler und die 
					Elster 
					 
					Der Adler begegnete einer Elster. Er hatte einen guten 
					Augenblick: er wollte seine 
					Herablassung zeigen; er ließ sich in ein Gespräch mit ihr 
					ein. — "Erzähle mir doch 
					etwas!" — sagte er. 
					Die Elster begann mit der ganzen ärgerlichen Chronik Ihrer 
					Bekannten. Sie hatte so viel 
					von Majestätsverbrechen, von heimlichen Feinden, von 
					drohenden Bewegungen zu 
					entdecken, daß der Adler endlich die Geduld verlor. 
					"Meinst du, Elende!" — sagte er endlich entrüstet: — "Ich 
					sei wie die leichtgläubigen 
					Fürsten? Einen Adler betrügt man nicht ungestraft." — Und er 
					erwürgte sie. 
					+   +   + 
					Politische Spione! Nichtswürdige heimliche Ankläger! Alberne 
					Demokratenriecher! Elende 
					Revolutionsspürhunde! — Ein guter Fürst verachtet euch: 
					merket euch das! 
					 
					Der Hund und der Igel 
					 
					Ein glattgeschorner Hund hatte das Bein gebrochen, und mußte 
					im Felde liegen bleiben. 
					Es war im Sommer; eine Menge Fliegen versammelten sich um 
					ihn, und zerstachen ihn 
					erbärmlich. 
					Ein Igel, der in der Nähe hauste, hörte seine Klagen. — 
					"Warte!" — sagte er mitleidig: — 
					"Ich will dich bald erlösen; ich will sie alle aufspießen!" 
					— Mit diesen Worten kugelte er 
					sich zusammen, und warf sich auf den Hund. — "Ach!" — schrie 
					dieser: — "Grausamer! 
					Du verwundest mich noch zehnmal ärger!" — Aber der Igel ließ 
					sich nicht stören. 
					+   +   + 
					
					
					Ecce iterum Au — i! Cf. 
					Geschichte des Krieges am Rheine. 
					 
					Der Holzhauer und 
					der Baum 
					 
					Ein Holzhauer hatte sein Beil verloren; endlich fand er das 
					Eisen allein wieder. — "Gib mir 
					ein wenig Holz zum Griffe!" — sagte er zu einem Baume: — 
					"und ich will dich auf ewig 
					verschonen." Der Baum willigte ein; der Holzhauer machte 
					seinen Griff, und kaum ist er 
					fertig, so fällt der Baum. 
					+   +   + 
					Nationen! Ihr bindet euch eure eigenen Ruten! Eure 
					Geschenke, eure Aufopferungen 
					werden nur zu oft wider euch selbst gebraucht! 
					 
					Der Affe und der 
					Gärtner 
					 
					Ein Affe sah dem Gärtner zu, wie er hier unnütze Äste 
					absägte, dort taube Blüten 
					abpflückte. Als nun der Gärtner endlich fortging, riß sich 
					der Affe los, und wollte ihn 
					nachahmen. Aber was geschah? Er pflückte alle Blüten ab, 
					zerknickte alle Äste, und 
					verdarb den ganzen Garten. 
					+   +   + 
					Reformen! — Alles muß mit Verstand und mit Maß geschehen! 
					 
					Die Frösche und die 
					Sonne 
					 
					Die Frösche beschwerten sich über die Sonne. "Sie verbrennt 
					alle unsere Wohnungen!" 
					— klagten sie: — "Laß sie verlöschen, Vater der Götter!" — 
					"Verlöschen" — sagte Jupiter: — "Um der Frösche willen?" — 
					und wendete sich wütend weg. 
					+   +   + 
					Und so soll Kunst und Literatur, Vernunft und Aufklärung 
					verbannt werden — um des 
					Pfaffengeschmeißes willen? — Verbannet sie selbst, ihr 
					Nationen! 
					 
					Das Pulver 
					 
					Ein unvorsichtiger Arbeiter ließ einen Funken in ein 
					Pulverfaß fallen; die Masse flog auf, 
					und verbrannte ihm den ganzen Körper! Er fluchte wie ein 
					Wütender.— "Aber warum 
					brachtest du Feuer daran?" — sagte ein Knabe zu ihm: und er 
					war beschämt. 
					+   +   + 
					Warum reizet ihr die Nationen? Die Schuld ist eure! 
					 
					Der Obstbaum und 
					der Gärtner 
					 
					"Das ist alles für mich!" — sagte ein Gärtner zu seinem 
					Freunde, dem er einen 
					reichbeladenen Obstbaum zeigte.— "Für dich?" — antwortete 
					der Baum: — "Ich trage 
					Frucht um meiner selbst willen! Ich kann dich entbehren; du 
					ziehst Vorteil von mir." 
					+   +   + 
					Fürsten! Die Nation ist alles ohne euch; ihr seid nichts 
					ohne sie. 
					 
					 
 
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