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Konrad von Würzburg
*zwischen 1220 und 1230 in Würzburg † 31. August 1287 in Basel

Konrad war ein Lyriker, Epiker und didaktischer Dichter bürgerlicher Herkunft.
Als Epiker ist er der letzte große Erzähler.
In seinen Minneliedern ist er ein anspruchsvoller Künstler.
Den letzten Teil seines Lebens verbrachte er in Basel.
Er ist in der Magdalenenkapelle des Basler Münsters begraben.
Den Meistersingern des Spätmittelalters galt Konrad als einer der "Zwölf alten Meister"
des Minnesangs.
Sein Vorbild war Gottfried von Straßburg. Überliefert sind u.a. Lyrik, Epen und
Versnovellen wie "Das Herzmaere" (vor 1260), "Der Welt Lohn" (vor 1260).
Berühmt ist er wegen seiner epischen Dichtungen wie "Engelhard" und "Trojanerkrieg".

 

                                                                                                Zwei Tagelieder

 

Swâ tac erschînen sol zwein liuten
 
Wo immer der Tag für zwei Menschen anbricht
 
Swâ tac erschînen sol zwein liuten,
die verborgen inne liebe stunde müezen tragen,
dâ mac verswînen wol ein triuten:
nie der morgen minnediebe kunde büezen clagen.
er lêret ougen weinen trîben;
sinnen wil er wünne selten borgen.
swer mêret tougen reinen wîben
minnen spil, der künne schelten morgen.

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Wo immer der Tag für zwei Menschen anbricht, die
die Stunde ihrer Liebe im Verborgenen verbringen müssen,
da wird jede Zärtlichkeit unweigerlich ein Ende haben.
Noch nie konnte der Morgen dem, der sich die Liebe
stehlen muß, die Trauer ersparen. Vielmehr lehrt er
die Augen zu weinen. Niemals wird er den Sinnen Freude
bereiten. Jeder, der schönen Frauen heimlich Liebeswünsche
erfüllt, hat Grund, den Morgen zu schelten.

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Ich sihe den morgensternen glesten
 
Ich sehe den Morgenstern glänzen
 
1.
»Ich sihe den morgensternen glesten!«
rief ein wahter überal.
»swer nâch sînes herzen wal
hie minne tougen sunder lougen
ûf dem sal, der scheide sich enzît
von liebe daz im nâhe lît.
vil unverborgen ûf den esten
manec wildiu nahtegal
lûte doenet âne zal.
den tac vermelden in den welden
kann ir schal: dâ warne ich friunde bî,
dur daz in gâch von minnen sî,
ê den palas erliute
daz froelîche mogenrôt.
ein scheiden mich von liebe diute
waeger danne ein grimmeclicher tôt.
diz merke ein ritter, dem ze bitter
al sîn fröude werden mac,
ob er langer ûf den tac
wil spulgen hinne süezer minne:
swer gepflac der mâze an liebe nie,
dem misselanc an minnen ie«

2.
Ein frouwe schoene von der stimme
sêre und inneclîche erschrac,
dô si liebe nâhe lac;
ir jâmerwunde gar ze grunde
tiefe wac; diu reine sprach: »owê!
nu muoz ich truren aber als ê.
der minne loene sint ze grimme,
wol ich daz erkennen mac:
wande ir fröude ist mir ein slac
sî ich dur dîne glanzen schîne,
leider tac, vermîden sol mîn liep.
du waere ie mînes heiles diep,
der mîn gelücke stôrte
mit unsaelden kumberlich:
swenn ich den morgen nennen hôrte,
sô verbarc mîn hôchgemüete sich.
geselle reine, dem ich eine
ganzer triuwe schuldec bin,
wache und île von mir hin!
der tac ûf dringet unde bringet
leiden sin, der mich an liebe wunt
wil machen ûf des herzen grunt.«

3.
Dem Ritter küene sorge entsperret
wart von jâmer inneclich,
zuo der schoenen twanc er sich;
er sprach: »<trût> herze, bitter smerze
lêret mich daz ich von sender nôt
gelige an hôher wunne tôt.
mîn fröude grüene wirt gederret,
mîde ich unde lâze dich.
herzetroesterinne, sprich:
waz sol mîn werden ûf der erden,
frouwe, ob ich ze lange schiuhen muoz
dich unde dînen werden gruoz?
du solt mir des gelouben,
daz ich kûme dîn enbir.
uns wil der morgen fröuden rouben:
lege mich, trût, ein wênec nâher dir!
an dînen armen lâz erwarmen
mich, vil reine saele wîp,
unde twing ouch dînen lîp
zuo mînem herzen! senden smerzen
dû vertrîp und gib ein küssen mir!
dâ mite scheide ich mich von dir.«

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1.
»Ich sehe den Morgenstern glänzen!«
rief ein Wächter laut.
»Wenn jemand tatsächlich hier
in diesem Haus heimlich der Liebe nachgeht,
so wie es sein Herzenswunsch ist,
dann möge er sich bald von
seiner Liebsten trennen, die bei ihm liegt.
Hell und unüberhörbar singen auf den Ästen
bereits unzählige übermutige Nachtigallen.
Ihr Gesang kündigt in den Wäldern
den Tag an. Deshalb warne ich die Liebenden,
damit sie ihr Liebesspiel eilig beenden,
bevor das heitere Morgenrot den Palas erhellt.
Sich von der Geliebten zu trennen
erschiene mir besser als ein furchtbarer Tod.
Dies nehme sich ein Ritter zu Herzen,
dessen ganzes Glück sehr bitter werden kann,
wenn er hier drinnen noch länger
in den Tag hinein
zärtlicher Liebe nachgehen will.
Wer in der Liebe nie maßvoll gewesen ist,
dem ist sie stets zum Verhängnis geworden.«

2.
Eine schöne Dame erschrak zutiefst
über den Ruf des Wächters,
als sie bei ihrem Geliebten lag,
Der große Schmerz erschütterte
ihr Innerstes. Die edle Frau sagte: »Ach!
Nun werde ich wieder wie zuvor traurig sein.
Der Lohn der Liebe bereitet zuviel Schmerz,
das erkenne ich genau, denn ihr Glück
ist für mich ein herber Schlag,
seitdem ich mit meinem Geliebten wegen
deiner hellen Strahlen, verfluchter Tag, nicht
länger zusammen sein darf. Du bist schon
immer der Dieb meines Glücks gewesen,
der es durch schmerzliches Unglück zerstörte.
Sobald ich hörte, daß man den Morgen
ankündigte, verschwand meine Freude.
Edler Freund, dem ich allein
unverbrüchliche Treue schulde,
wach auf und eile von mir fort.
Der Tag bricht an und versetzt mich
in eine traurige Stimmung,
die mich im tiefsten Herzen freudlos macht.«

3.
Der große Schmerz machte den
unerschrockenen Ritter Angst.
Er drückte die schöne Frau fest an sich
und sagte: »Liebste, ein bitterer Schmerz
läßt mich erkennen, daß ich vor
Sehnsuchtsqualen wie tot bin und keinerlei
Freude mehr empfinde. Mein blühendes Glück
verdorrt, wenn ich weggehe und dir fern bin.
Meines Herzens-Zuversicht, sage mir,
was soll aus mir werden auf dieser Welt,
Herrin, wenn ich dich und deinen
lieben Gruß allzu lange meiden muß?
Du mußt mir glauben,
daß ich ohne dich nicht sein kann.
Der Morgen will unser Glück rauben.
Laß uns noch ein wenig näher
zusammenrücken, Liebste.
Wärme mich in deinen Armen,
wundervolle Frau, und dränge auch du dich
ganz nah an mein Herz.
Vertreibe den Sehnsuchtsschmerz und küsse mich.
Auf diese Weise nehme ich Abschied von dir.«

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Quelle:
©Reclam 2003/Tagelieder des deutschen Mittelalters/Ausgewählt und übersetzt von ©Martina Backes

 

1.
Tou mit vollen aber triufet
ûf die rôsen âne tuft,
ûzer bollen schône sliufet
manger lôsen blüete kluft.
darîn senkent sich diu vogellîn,
diu gedoene lûte erklenkent,
daz vil schoene kan gesîn.

2.
Bî der wunne wol mit êren
sol sich kleiden mannes lîp,
daz im künne fröude mêren
ein bescheiden saelic wîp.
swer verschulden wîbes minne sol,
der muoz ringen nâch ir hulden
mit vil dingen tugende vol.

3.
Swer mit sinne valsch kan üeben
als ein dieplich nâchgebûr,
der wil minne sô betrüeben,
daz ir lieplich lôn wirt sûr:
man sol zwischen minne mit genuht
triuwe in glanzer staete mischen:
daz birt ganzer fröuden fruht.

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1.
Tau in Fülle tropft mit Sprühen
auf die Rosen morgenmild.
Aus der Hülle schlüpft im Frühen
mancher losen Blüte Bild.
Niederschwingen kleine Vögel sacht,
Immentöne summend singen,
da die schöne Welt erwacht.

2.
So erscheine auch mit Ehre
wohlgeschmückt des Mannes Leib,
daß ihm seine Freude mehre
ein beglücktes kluges Weib.
Wer erstreben Weibes Minne will,
der muß ringen mit dem Leben,
mit den Dingen ernst und still.

3.
Wer im Sinne Falsch kann üben
als ein schlauer Nachbarsmann,
mag die Minne so betrüben,
daß sie sauer lohnt fortan.
Man soll zwischen Liebesharmonie
steter Treue Leuchten mischen.
Stets bringt neue Freunde sie.

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1.
Jârlanc wil diu linde von winde sich velwen,
diu sich vor dem walde ze balde kan selwen.
trûren ûf der heide mit leide man üebet:
sus hât mir diu minne die sinne betrüebet.

2.
Mich hânt sende wunden gebunden ze sorgen:
diu muoz ich von schulden nu dulden verborgen.
diu mit spilnden ougen vil tougen mich sêret,
diu hât mîn leit niuwe mit riuwe gemêret.

3.
Gnâde, frouwe, reine! du meine mich armen!
lâ dich mînen smerzen von herzen erbarmen!
mîn gemüete enbinde geswinde von leide!
ûz der minne fiure dîn stiure mich scheide!

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1.
Jetzt will sich die Linde vom Winde verfärben,
um dort vor dem Walde gar balde zu sterben.
Wie trauern der Heide im Leide sich übet,
so hat mir die Minne die Sinne betrübet.

2.
Mich haben Herzwunden gebunden zu sorgen:
die muß ich mit Schulden nun dulden verborgen.
Ihr Blick, der mich sprühend und glühend versehret,
hat Leid mir aufs neue mit Reue gemehret.

3.
In Gnaden, du Reine erscheine mir Armen!
Laß dich meiner Schmerzen von Herzen erbarmen!
Den Geist mir entbinde geschwinde vom Leide!
Vom Feuer der Minne die Sinne mir scheide!

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Quelle:
©Reclam 1978/Deutscher Minnesang/Nachdichtung von ©Kurt Erich Meurer

 

Mir ist als ich niht lebende sî
 
Mir ist, als ob ich nicht mehr lebte
 
Mir ist als ich niht lebende sî, swenn ich entnücke sêre:
dâvon den tôt bediutet mir der slâf mit sîner lêre.
bî der sunnen kêre
bezeichent mir der schate mîn,
daz im gelich zergât min leben; sô wirde ich bî der hitze
der helle ermant, swenn ich in einer badestuben sitze.
bî der bluomen glitze
spür ich unstaeter wunnen schîn.
in dem spiegel ich erkenne daz ich asche bin als er:
sô kan mir der kerenter
mit dem gebeine künden,
daz mich die würme nagende werdent mit unreinen münden.
wil ich dâbî niht hüeten mich vor allen houbetsünden,
in der helle gründen
muoz ich ân ende quelnde sîn.

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Mir ist, als ob ich nicht mehr lebte, wenn ich tief einschlafe:
So lehrt mich der Schlaf, daß er den Tod bezeichnet.
Beim Erscheinen der Sonne
bezeichnet mir mein Schatten,
daß mein Leben gleich ihm zergeht; und so werde ich an die Hitze
der Hölle gemahnt, wenn ich im Dampfbad sitze.
An der Pracht der Blumen erkenne ich
den vergänglichen Glanz alles Schönen.
Im Spiegel sehe ich, daß ich aus Staub bin wie er:
So weiß mir auch der Kerner
mit seinen Gebeinen zu verkünden,
daß mich die unreinen Würmer fressen werden.
Will ich mich also nicht vor allen Todsünden hüten,
dann muß ich am Ende im
Abgrund der Hölle Qualen erleiden.

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Sô wê mir tumber
 
Weh mir Toren
 
Sô wê mir tumber daz mich iemer langer tage verdriuzet,
und mîner jâre frist enwec sô rehte balde schiuzet,
daz ein bach niht fliuzet
sô drâte ûz velse noch ûz hage!
ich wünsche dicke daz diu stunde werde mir gekürzet;
und ist si doch ûf einen gaehen louf alsô geschürzet,
daz darinne erstürzet
geswinde sich mîn lebetage.
jâ clag ich mîn gelt daz ich verzer, und clage niht mîne zît,
die mir nieman wider gît,
swenn ich sie gar verliure.
vertret ich verne guot, ich mag gewinnen anderz hiure,
verswende ich aber mîniu jâr, diu sint mir iemer tiure:
von dekeiner stiure
verlorne zît ich wider bejage.

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Weh mir Toren,daß es mich immer der lange Tage verdrießt,
obwohl die Frist meiner Jahre so schrecklich schnell dahinschießt,
daß ein Bach nicht mit gleicher Eile
aus dem Felsen oder dem Wald fließt!
Ich wünsche oft, daß mir die Stunden kürzer werden,
obwohl sie doch auf einen so jähen Gang eingerichtet sind,
daß in ihnen meine Lebenstage
eilends herabstürzen.
Ich beklage doch tatsächlich mein Geld, das ich verbrauche, und beklage nicht meine Zeit,
die mir niemand zurückgibt,
wenn ich sie gänzlich verliere.
Vertat ich letztes Jahr mein Gut, so kann ich dieses Jahr anderes wieder gewinnen,
verschwende ich aber meine Jahre, die sind mir für immer verloren:
Mit keinem Mittel
erlange ich verlorene Zeit wieder zurück.

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Dem adelarn von Rôme
 
Dem Adler von Rom
 

Diese Strophe preist mit Hilfe der Wappen- und Tierallegorie König Rudolf I. von Habsburg (=Reichsadler): dieser hatte König Ottokar II.
von Böhmen (=Löwe), ab 1251 Herr über Österreich und die Steiermark, im Jhre 1276 bezwungen, und jetzt müssen nicht nur er,
sondern auch die Gegner in Unteritalien (d.h. Karl von Anjou) die Macht des Habsburgers fürchten.

 


Dem adelarn von Rôme werdeclichen ist gelungen,
wan er crinvogel ein wunder hât mit sîner craft betwungen;
er hât lob erswungen
durliuhtic lûter unde glanz.
hebch unde valken twang er zÔsterlanden unde in Stîre:
daz mag in Pülle erschrecken wol die rappen und die gîre.
rubîn und saphîre
vil billich zierent sînen cranz.
sîn gelücke und sîne craft entsitze swaz nu wildes lebe,
ob ez swimme od ob ez swebe,
ob dem kan er wol fliegen.
kein vogel kan ûz allen landen wider in nû gecriegen;
sich muoste ein löuwe ûz Bêheim under sîne clâwen smiegen:
er ist âne triegen
vest unde an hôhen êren ganz.

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Dem Adler von Rom ist ein großer Erfolg gelungen,
denn er hat eine riesengroße Anzahl von Raubvögeln mit seiner Kraft bezwungen;
strahlendes, helles und glänzendes
Lob hat er errungen.
Habichte und Falken bezwang er in Österreich und in der Steiermark;
das kann in Apulien die Raben und Geier gewiß in Schrecken versetzen.
Rubine und Saphire
zieren zu Recht seine Krone.
Sein Glück und seine Kraft besiegen alle wilden Tiere,
ob sie im Wasser oder in der Luft leben:
über allen weiß er gut zu fliegen.
Kein Vogel, aus welchem Land auch immer, kann jetzt noch gegen ihn Krieg führen;
ein Löwe aus Böhmen mußte sich seinen Klauen unterwerfen;
er ist, ganz wahrhaftig,
stark und besitzt höchstes Ansehen.

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Quelle:
©Reclam 1993 Deutsche Gedichte des Mittelalters/Ausgewählt, übersetzt und erläutert von ©UlrichMüller/©Gerlinde Weiss

 

Der Mîssenær hât sanges hort
 
Der Meißner trägt einen Schatz
 
Der Mîssenær hât sanges hort in sînes herzen schrîne;
sîn dôn ob allen ræzen dœnen vert in êren schîne;
dâmit er bî Rîne
die singer leit in sîn getwanc.
in fuorten überz lebermer der wilden grîfen zwêne.
dâ lêrte in underwegen dœne singen ein syrêne.
lebte noch Elêne
von Kriechen, si seit im ir danc
durch sîn adellichez dœnen, daz dâ klinget hôhe enbor.
er gât an der wirde vor
smaragden und saphîren.
er dœnet vor uns allen sam diu nahtegal vor gîren.
man sol ze sînem sange ûf einem messetage vîren.
»alsus kan ich lîren«,
sprach einer, der von Ecken sanc.

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Der Meißner trägt einen Schatz von Liedern im Schrein seines Herzens;
seine hell tönende Dichtung bewegt sich im Glanz der Ehre;
damit zieht er am Rhein
die Sängerkollegen in seinen Bann.
Ihn führten über das Lebermeer zwei wilde Greife.
Da lehrte ihn unterwegs eine Sirene Lieder singen.
Lebte die griechische Helena noch,
sie ließe ihm ihre Anerkennung zukommen
um seiner herrlichen Gesangeskunst willen, die da herrlich emporklingt.
An Wert übertrifft er
Smaragde und Saphire.
Er tönt vor uns allen hervor wie die Nachtigall vor Geiern.
Man könnte mit seinen Gesang eine Messe feiern.
»So kann ich auch herumleiern«,
sagt einer, der ein Lied vom Riesen Ecken vortrug.

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Ein lob geblüemet
 
Ein geblümtes Lob
 

Euphorischer Preisspruch in >Geblümter Rede< auf den Straßburger Bischof Konrad III. von Lichtenberg (1273-1299)
 

Ein lob geblüemet vert in hôher werdekeite solde;
ez wahset ûf ze berge sam des zêderboumes tolde.
sam gesteine ûz golde
kan ez wünneclîchen brehen.
ez schînet sam ein lieht jungfrouwe in kiuschem magetuome,
sîn varwe glestet sam der liehten morgensterne in ruome;
sam in touwe ein bluome
lât ez sich wünneclîchen sehen.
ez kan glenzen sam dur einen clâren mîol lûter wîn,
reht alsam der sunnen schîn
dur blâwen himel schœne,
und kan ouch glesten sam nâch dienste werder wîbe lœne;
von Strâzeburc ein Lichtenberger, iuwer lob ich crœne!
iu muoz mîn gedoene
durlûterlîcher tugende jehen!

 
Ein geblümtes Lob geht um als Lohn hoher Würde;
es wächst hinan wie der Wipfel einer Zeder.
Wie Gestein aus Gold
kann es ganz herrlich aufglänzen.
Es leuchtet wie eine strahlende Jungfrau in ihrer Keuschheit,
seine Farbe glänzt wie der helle Morgenstern im Gepränge;
wie eine Blume im Tau
läßt es sich prächtig sehen.
Es kann glänzen wie ein reiner Wein in einem herrlichen Pokal,
genau so wie Sonnenschein
in der Schönheit eines blauen Himmels
und kann auch leuchten als Dank für Dienste um edle Damen;
von Straßburg, ein Lichtenberger, euer Lob kröne ich!
Ich muß mein Singen
durch und durch reiner Tugend widmen!

 

Quelle:
©Marix/ Deutsche Lyrik des Mittelalters/2005/Hrsg. ©Manfred Stange