Die erst fabel von den fröschen
Er sprach also: Ettwan wonten die frösch fry, on alle sorg
in den lachen und wyern,
unbekümert von menglichem, und wurden inselber unnüczlich
bewegt, das sie mit
großem geschray kamen für den got Jupiter, und begerten von
im, daz er in ainen künig
gäbe, der die mistuonde straufte; do sie des begertent,
lachet der got Jupiter und
verachtet ir gebett. Darnach wurden sie aber schryen zuo im,
do sy kain zaichen sachen
von im, schryen sie noch baß. Der gütig got Jupiter sendet
den ainfältigen unverschulten
fröschen ainen großen blok, und warff in zuo inen in den
wyer. Von dem hal des fallens
erschraken sie und flohen all. Darnach reket ainer synen
kopf über das waßer, daz er den
nüwen künig möchte erkennen. Do er aber merket, daz es nit
dann ain blok waz, beruffet
er alle andern frösch, den künig zu besenhen. Etlich waren
voller schreckens und
schwumen hinzuo und grüßten ieren höchsten künig, doch mit
erschroken herczen.
Als sie aber merkten, daz kain leben in ierem künig waz,
sprangen sie uff in,
und merkten, daz nicht wann ain holcz was, do traten sie in
mit den füßen, und wurden
den got Jupiter aber mit großem geschray bitten umb ainen
künig. Do gab er inen den
storken, der ward sie töten ainen nach dem andern. Do wurden
sie wainend iere stimm
uncz in die himel uff erheben und schryen: O got Jupiter,
kom uns ze hilf oder wir
sterben all! Do sprach er zuo in: Do ir ains künigs
begerten, do wolt ich nit. Do ir wider
zuo mir ruofften, gab ich üch ainen senfftmütigen künig, der
ward von üch verachtet und
under die füß getrett, do gab ich üch umb üwer ungestümes
bitten disen künig, den er
iecz habt, den müßen ir behalten, wann ir wolten den guoten
nit verdulden.
Die ander fabel von den tuben, wyen nnd den habich
Welcher sich in ains bösen menschen schirm bevilhet oder
hilff und raut vоn im suochet,
der verlürt syn hoffnung, als dise fabel ußwyset.
Zuo ainer zyt, als die tuben den wyhen flohen und in ser
besorgten, namen sie ze
schirmer und behüter den habich, und vermainten fürbas
sicher ze syn. Aber der habich
erzöget sich als ain strauffer um ir mistuon, und aß die
tuben alle, aine nach der andern.
Do sprach aine under inen: Die kümernüs des wyen wäre uns
lychter gewesen ze tragen,
dann diser schirm. Wann dardurch wir mainten beschirmet
werden, müßen wir sterben.
Aber uns beschicht recht, so wir unbedacht unsern großen
fynd haben ze schirmer
genomen wider den klainern.
Die III. fabel von dem dieb und dem hund
Von den triegern söll wir dise fabel hören.
Ain nachtdieb gieng ains mais in ain hus ze stelen, und fand
ainen hund, der das
bewaret. Der dieb bot dem hund ain brott, daz er in da mit
gestillet und nit märet.
Sagt man der hund spräche zuo dem dieb: Gibst mir dicz brott
von gnaden wegen,
oder gibst du mir das darumb, daz du mich verfürest und das
hin tragest, dar von ich
und der herr des huses und das gancz hus gesind unser narung
haben? Sag mir, so du
mir ieczund daz brott bütest, mainst du mir hin für aber ze
geben, so du hin trügest,
waz in dem hus ist? oder woltest du ouch mir barmherczig
syn, so ich von dem hunger
überwonden würde? Ich will nicht, daz mir das brott myne
kelen verstoppe, daz myn
zunge schwygen müß, und mir alle gnad enpfüre. Sonder will
ich wider dich bellen,
den herren und das gancz hus gesinde uff ze weken, und
bezögen daz ain dieb hie inn
sye. Wann ich will daz gegenwürtig dyn brott verachten und
das künftig guot betrachten;
darumb so gee bald hinweg, oder ich würd bellen und dich
mären. O wie ain guoter
hund, der weder durch das brot betrogen wolt werden, noch
syns herren gnad verlieren.
Dise fabel söllen ouch die fräßigen merken, die von der
guoten schlekmal willen vil ieres
guots verzeren.
Die IV. fabel von ainer schwinsmuoter und dent wolf
Der mensch sol syn gemüt also stellen, das er der bösen
worte nit gelouben wölle.
Dem ist ain söliche fabel zuo geordnet.
Ain schwinsmuoter waz ser groß und nötiget sie die geburt
iunge ze haben, und als sie
süffczend in geberenden schmerczen lage, kam ain wolf zuo ir
und sprach: Schwester,
uf dise stund sende uß dyn geburd, die ist sicher und
gelükhafft; so will ich dir hilf und
bystand tuon, und daz ampt der hebammen verwesen. Als aber
die schwinsmuoter den
untrüwen raut bekennet, schluog sie uß die falschen
schmaichwort und verachtet syne
dienst und sprach: Bruoder, myn geburd war sicher, so du hin
kemest. Darumb bitt ich,
daz du mir die eer laßest, myne iungen selber an die weit ze
bringn, und eere daz
geberen diner muoter, do sie dich gebracht haut; wann alles
das in mir ist erschrikt ab
dynen diensten. Und so bald der wolff hin weg kam, ward sie
ledig ierer bürdy.
Wa sie aber den worten des bösen geloubet hette, so wäre sie
mit ieren iungen
unsäliglich vergangen.
Die V. fabel von dem geberenden berg
Offt beschicht, daz großer sorg würt guoter raut, und große
angst würt in schimpff
verwandelt; als dise fabel bezüget.
Ain berg was schwanger, und zuo den zyten, als er geberen
solt, schry er über ser und
ließ kläglich süffczen und hület erschrokenlich so vil, daz
die gancz gegend den schal
erhöret und dar von betrübet ward. Menglich waz erschroken
und in dem gemüt verirret
von dem großen schal. Nach dem über großen süfczen und
klagen gebar der berg ain
mus. Die geburd ward ußgebrait in dem land, und die vor
erschroken warend, enpfiegen
widerumb iere krafft, und ward nichcz uß dem, dar uff sie
große sorg hetten, und ward
die forcht in schimpff verkeret.
Die VI. fabel von dem wolf oder hund und dem lamp
Gütikait machet rechte vätterliche trüw und früntschafft der
kind gegen vater und muoter
und nit die geburt. Daz ze erkennen söll wir dise fabel
merken.
Ain lamp wonet under den gaissen. Zuo dem kam ain hund und
sprach: Was tuost du da,
dyn muoter ist doch nit hie, und zöget im ferr ain feld, do
syn muoter wäre by andern
schauffen. Do sprach das lamp: Ich suoch dise muoter nit,
die mich enpfangen hat oder
nün monet in ierem lyb getragen und an das liecht diser welt
gebracht hat, sonder sag
ich, die gaiß sye myn muoter, die mich erneret, und mir das
üter, mich ze sögen, bütet
und ieren aignen kinden gebrechen laust, das ich deß gnüger
milch habe. Do sprach der
hund herwider zuo dem lamp: Die ist doch dyn rechte muoter,
die dich geboren hat.
Antwürt das lamp: Ja, es ist war, wie du sagst. Aber es ist
doch zimlich und von der
natur erloubet, das ain kind in ainen sichern staut bevolhen
würt von den rechten
geberern. Nun merket myn muoter, daz iere kind nun dem
schäffer ze scheren und ze
melken und dem meczger zestechen nücz werden, darumb hat sie
mich her getaun,
da ich in wolnust erzogen wurd, ungeschorn und sicherer by
den böken und gaissen
wone, wann dort by den schauffen und myner muoter, die mich
getragen und geboren
hat. Darumb gee hin, ich volg dir nit.
Die VII. fabel von dem alten hund und synem herren
Niemand sol das alter verachten noch ußtriben, sonder die
werk syner iugend betrachten.
Wann begerest du alt ze werden, so ere daz alter, so würst
du in dem alter ouch geeret,
und ob der alt uff die gegenwürtige zyt nit lobliche werk
würken mag, so betrachte doch
die guoten getauten syner iugend. Dar von so hör dise
nachvolgende fabel.
Ain alter hund hett alle sync zyt dem herren wol gedienet
uff dem iagen und heczen.
Und als er mit iaren beschwärt nun von alter träg was und
syn zend fürstumpf und
verschlissen den hasen nit heben mochtent, den er begriffen
hett, sonder riß er sich von
im on großes leczen und raiczet den hund hin und her in dem
feld. Darum der herr über
den hund ser ward erzürnet und straffet in als ain
unwißenden und kunstlosen der iägery.
Dem herren gab der hund sölliche antwürt: O herr, myne iar
synt fürbas aune krefft,
mine zend synt fürstumpf und verschlissen. Ich bin aber
etwan stark gewesen und zuo
allem iagen wolgeschickt, und hast alle myne werk gelobt,
die ich gethon hab.
Nun schiltest du myne werk des alters. Ich bit dich das
vergangen ze bedenken, so würt
dir das gegenwärtig empfenglicher, das ich iecz vermag.
Diese fabel leret uns, daz der im alter nicht ze verachten
noch ze verschmahen.ist, der in
der iugend wol gedienet hat.
Die VIII. fabel von den hasen und fröschen
Wir söllen alles wesen der zyt gedultiglich tragen und der
zyt iere stat geben.
Und darumb daz der mensch syne übel tragen müge, so sol er
by dem ungefell ander lütt
erlernen.
Wann zuo ettlichen zyten wurden die hasen so ser
durchächtet, daz sy in verzwyfflung
gedachten, sie wollen sich lieber selber töten, wann also in
sorgen leben. Als aber
derselbig raut sich ze ertöten under inen beschloßen ward,
lieffent sie an ainer schar für
ainem wyer sich ze ertrenken. Dar by an dem gestad gar vil
frösch saßen Do sie aber die
hasen komen sahent, sprangen sie all in das waßer und bargen
sich dar under. Do aber
daz die hasen merkten, sprach ainer under in: Ich sich wol,
daz ander ouch sint, die sich
besorgen; villycht mer wann wir. Darumb bedüchte mich guot,
wir wären gedultig in
unserm wesen als die andern, und trügen daz ioch der natur
gedultiglich, die uns
gegeben hat in sorgen ze leben. Wann die zyt würt komen, daz
sich unsere sorg verkeret
in guoten frid.
Die IX. fabel von dem wolff und dem kiezi
Es ist houch und groß an den kinden ze loben, daz sie
vätterlichen geboten fölgig syent.
Als dise fabel uns under wyset.
Do ain gaiß geseczet hett und uß wolt gaun uf die waid umb
iere spys, warnet sy iere
kiczi, niemand uff ze tuond die schloß ierer wonung, wann
vil der fraissamen tiere umb
die schauffstell giengent uf ieren tod. Do sie die warnung
getett, gieng sie uff die waid
und ließ das kiczi in dem stall verschloßen. Ze band darnach
kam ain wolff für die tür des
kiczi und zwang syn stimm ze gelychen dem bleren der gaiß
und begeret von dem kiczi,
im die tür uff ze tuond. Aber das kiczi merket durch ain
klunsen senhend, daz syn muoter
nit da was, und sprach: Ich hör wol ain stimm myner muoter,
aber du bist myn fynd und
begerest mich ze betriegen, und under der erdichten stimm
myner muoter begerest du
mynes bluotes. Darum gee hin, ich laß dich her yn nit.
Also welchy der ler volgent ierer eltern, die mügent sicher
leben.
Die X. fabel vоп dem armen man und der natern
Welcher den andern geschediget hat, den sol man all zyt in
arkwon haben und sich vor
im hüten und nit mer gancz getruwen. Als dise fabel bewyset.
Ain nater hett gewonet in aines armen mannes hus allweg zuo
dem tisch ze komen und
ward allda gespyset von den brosamen, die von dem tisch des
armen fielent, und die wyl
der arm die natern also spyset, was alles syn tuon und laßen
gelüklich, und kam in
rychtung. Nit lang darnach ward der arm über die nater
erzürnet und wondet sy hart mit
ainem byhel. In kürcz dar nach kam er wider in syn vorigen
armuot. Dar uß er merket,
daz er alles gelük vor gehebt het uß der gütikait, die er
der natern miltiglich vor hette
bewisen, und nun wider wäre in armuot komen, darumb daz er
die natern hette
gewondet. Darum ward er rüwig und batte die natern im syn
mishandeln ze vergeben,
wann im laid wäre, was er unrechts an ir hette begangen. Do
antwürt im die nater und
sprach: Darumb das du rüwest, so will ich dir vergeben dyn
missetaut. Aber so die wund
hail würt, so last mich doch die maus nit vollen gelouben an
dich haben, und so ich wol
mit dir in gnad kom, so vergiß ich doch der untrüw des
byhels nit. Also sol allweg in
arkwon belyben, welher ainen andern leczet.
Die XI. fabel von dem hirsch, wolff und schauff
Wie die laicher durch böse list und falsche zügen die lüt
veruntrüwen. Dar von hör ain fabel.
Ain hirsch fordert von ainem schauff ain groß meß korens,
daz er im schuldig wäre uff
ainen benanten tag ze bezalen in gegenwürtikait aines
wolffes, der des selben ain züg
was. Das schauff was erschroken ab dem wolff, und bekennet
der schuld vor großen
angsten, doch begeret er lengers zils. Do das ouch vergieng,
erfordert der hirsch aber die
schuld. Antwürt das schauff: Far hin und scharre den anger
und laß den wolff im land
umblouffen; ich bin dir nichcz schuldig. Das ich aber die
schuld bekent habe, das hat die
forcht gemachet des wolffes. Ir synt baide vol laichery und
untrüw; ich gib üch nichcz,
wann ich sol üch nichcz.
Die fabel leret fürsich senhen ainen ieden menschen not syn,
und zöget zwangen aid nit
binden.
Die XII. fabel vоп dem kalen und der fliegen
Der ist nit ze verspotten, der im selber klainen schaden zuo
füget, daz er sich mit großem
schaden synes fyndes rechen müge. Als dyse fabel uß wyset.
Ain flieg saß uff das houpt aines kalen mans, und wie offt
er nach ir schluog mit syner
hand, so floch sie und kam als bald wider, und raiczet in
aber; dann schluog er aber nach
ir, so floch sy aber und ward lachen und syn spotten und
raiczet in nit dester minder.
So lang daz der kal erczürnet ward und sprach: Du
schalkhaffte, warumb lachst und
verspottest mich, daz ich mich selber schlach umb dyn
raiczen? wann du gedächtest,
daz ich lycht mit mir selber verricht würde, und ain ieder
schlag, so ich dich triff dyn tod
ist, du verspottest mich nit, wann zehen straich mir selber
getoun, mügent mir nit
geschaden, aber ainer dir getoun, töttet dich on alle gnaud.
Dise fabel warnet die mülichen lüt, die mit menglichem
hadern wöllent zuo allen zyten und
niemands schouent.
Die XIII. fabel von dem fuchs und dem storken
Was du dir nit wöllest beschenhen, daz tuo ouch kainem
andern. Dar von hat uns der
maister ain sölliche fabel geseczet.
Ain fuchs bat ainen storken zuo dem nachtmal. Do er kam,
seczet er nit andere spys für
in, dann ain dünnes muos uf ainem braiten teller; daz selb
leket der fuchs nach synem
willen, aber der stork kunde des nit genießen, und muost
hungriger wider haim gaun.
Darnach in wenig tagen bat der stork den fuchs ouch zuo dem
nachtmal und seczet
wolberaitte eßen für in in ainer glesin lägein und fieng vor
an ze eßen mit synem langen
hals und schnabel, und manet den fuchs ze eßen. Aber der
fuchs merket bald den list des
storken. Do sprach der stork: Wie du mir dyne guote spys
gegeben hast, also niem du si
hinwider. Ob dir daz aber nit gefällig wäre, solt du mir
verzyhen, wann der lon ist der
arbait gelych, und würt schmach mit schmach vertriben.
Die fabel leret, daz man nieman gefären sol, und das ain
ieder gedultiglich lyden sol,
das er ainem andern hat erzöget.
Die XIV. fabel von dem bild und dem wolff
Von dem wenig wysen seczet Esopus ain söliche fabel.
Ain wolff fand uff ainem aker ain wolgeschnittes und schönes
bild. Er keret daz offt hin
und her und fand nit an im, daz es kaine sinn oder vernunfft
hette. Do sprach er: O wie
gar ain schöne gestalt von ainem bild und hat doch kain
hirn.
Dise fabel ist uff die menschen geseczet, die in große eer
und glori geseczet sint, und weder
kunst noch wyshait habent Ouch uff die schönen unkündende
frowen, von denen man
spricht: Das ist ain bild on gnad.
Die XV. fabel von dem rappen und pfauen
Von fremdem guot sol nieman güden noch ze houchtragend syn,
sonder sol sich der
mensch lieber zieren mit dem wenigen, das im die natur
gegeben hat, darumb daz er
nit ze spött werde, so im die fremde zierd würt abgezogen.
Dar von hör dise fabel des
maisters.
Ain rapp erhuob sich in übermuot und ward so truczig, daz er
die gefallen pfauen federn
samnet, und zieret sich selber da mit und ward so übermütig,
daz er syn geschlücht der
rappen verschmahet und mischet sich under die pfauen. Als
aber die pfauen den
verschmachten und unerkanten rappen ansahen und merkten, daz
er sich mit ieren
klaidern höher wolt in eeren uf erheben, wurden sy über in
erzürnet und rouften im uß
alle syne fremden federn, bißen und kraczten in so ser, daz
er für tod von in ligend
verlaßen ward, hart verwundet. Als er aber ains tails wider
erküket, schämet sich der
arm rapp, wider zuo synem geschlücht der rappen ze komen,
wann er hette sie
schmachlich gehalten und in übermuot verachtet zuo den
zyten, do er mit den pfauwen
federn was geklaidet. Doch als er in sorgen zuo in kam,
sprach ainer von den rappen zuo
im: Sag mir, schamst du dich nit umb dynen übermuot, daz du
dich hoher wilt erheben,
wann dynem geschlücht zuo gehöret? hettest du die klaider
behalten, die dir die natur
hat gegeben, so wärest du von uns nit getriben worden in
fremde geselschaft, so wärest
ouch von den pfauwen mit kraczen und byßen uncz uff den tod
nicht so übel gehandelt
und verwundet worden. Darum wäre daz best, ieden in synem
wysen benügig syn.
Die XVI. fabel von der fliegen und dem mul
Zyt und statt macht offt ain zaghafften und kranken fraidig
syn gegen dem größern und
sterkern, und beschicht, das die verzegsten, die niemand
schaden mügen, aller maist
tröwen. Dem schrybt Esopus ain söliche fabel.
Ain flieg saß an einem mul by dem lait sail. Sie straffet
das mul zorniglich und sprach:
Wie bist du so trüg; gee bald oder ich stupf dir dyne
stirnen daz du beider gaust.
Do sprach daz mul: Ich fürchte dyne wort nit, sonder des,
der uff dem sattel siezet,
der myn mul mit dem zam regieret und mit dem piß wendet nach
synem willen und mich
mit der knellenden gaiseln trybet; derselb ist mir ze
fürchten, nit du, wann du bist
unachtbar, und doch ungestüme mit dynen worten, und vermacht
doch kainem starken
nichez tuon. Darum laß dyn tröwen, wann es ist on sorg.
Die XVII. fabel von der fliegen und amais
Wer sich selber lobet, der würt offt gescholten und
verspotet. Als ainer fliegen geschach
mit ainer amais, die striten mit einander, welhe die beßer
und höher ze loben wäre,
und fieng die flieg am ersten an, sich selber hoch ze loben
und güden von dem großen
gewalt, den sie hett, und sprach zuo der amais: Mainst du
daz dyn lob dem unsern
zeglychen sye? Dyn wonung ist in den houlern, die myn ist
künglicher sal. Ich iß
kündliche spys, dich neret ain gersten körnlin; dyn trank
sugst du uß der erd, so trink ich
uß gold und silber. Wa man dann die hailigen opffer meczget,
so bin ich die erst, die das
yngewaid versuochet. Ich sicz dem künig uff syn houpt. Ich
berüre allen rainen wyben,
wie schön und zart sie synt, iere wenglin mit süßem küßen,
deren aller du kains magst
gehaben. Darum bist du und dyn geschlacht gegen dem unsern
wol ze verachten.
Die amais sprach her wider zuo der fliegen also: Wie gar
bist du ain schnöder schantvogel,
so du dyn ungestümikait und lästerliche getauten lobest. Sag
mir, wer begeret dyner
zuokunft, wie würdest du von den künigen und rainen frowen,
die du meldest, enpfangen,
die du trüczlich wider ieren willen anflogest und sprichst,
es stand dir alles ze gewalt,
und sagst nit, wie ain unwerder gast du bist; wa hin du
komest, da vertrybt man dich,
man verjagt dich ungestümlich an an allen enden als ainen
raiczenden fynd.
Und bist allain in dem summer etwas. Ze winter zyt vergaust
on kraft, so bin ich allweg
wol gemuot. Ze winter zyt bin ich sicher in myner wonung,
alle zyt bin ich gesund,
ich leb in fröden. Wa du dann bist, so vertrybt man dich mit
gaiseln und wedeln, die mit flyß
allain wider dich gemachet synt.
Dise fabel ist wider die ungestümen zanner, haderer und
unnücz güder von den dingen,
die schentlich synt.
Die XVIII. fabel von dem wolff und fuchs
Welcher ain fart untrüw erfunden würt, der blybt allweg in
argwon, und ob er dar nach wol
ain warhait sagt, so geloubt man im doch dester minder. Als
diese fabel Esopi bewyset.
Ain wolff zig ainen fuchs zorniglich ainer diebstal. Der
fuchs lögnet und sagt, er wäre
unschuldig. Do saß der aff als ain gerechter richter, ze
erkennen, welcher die warhait für
trüge under baiden parthien. Sie brachten für recht ieder
tail, was er maint, das im nücz
wäre, und sagt ieder des andern untrüw und schelkery. Da das
der gerecht warhafft
richter erhöret, gab er ain urtail und lase die ab ainem
libel. Also: Wolff, nach dem als die
antwürt ist über dyn klag, so gloub ich, du habest nichcz
verloren; aber du, fuchs, bist nit
ungestoln her komen, das doch iecz ze mal nach dem rechten
nit uff dich gebracht würt.
Aber so ir baid vor ouch ungetrüw funden synd, so beliben
fründ wie vor, üch ist baiden
wenig ze gelouben.
Die XIX. fabel von der wisel und dem hus herren
Offt beschicht, daz nüczlicher dienst nicht belönet würt,
voruß wa er nit uß mainung gat
daz man dienen welle. Als dise fabel bewyset.
Ain wisel fieng in ainem hus gar vil müs. Die selb ward ouch
gefangen von dem herren
des huses. Und do sie merket an dem herren, daz er sie töten
wolt, sprach sie: Herr, du
solt mir genädig syn, wann ich hab dir dyn hus gerainiget
von den mülichen müsen.
Do sprach der herr: Daz selb hast du nit getan mir ze guot,
sonder dir zuo ainer spys.
Und ouch darumb, daz du gar eßen möchtest, das sie benagen
würden, und villycht
truogst du daz gar hinweg, darum bedarff ich dir der selben
dienst nit danken. Wa du
aber sölich dienst von mynen wegen mir bewisen hettest, so
wäre billich, daz ich dir
gnädig wäre und dich darumb belönet. Aber also muost du
sterben.
Die XX. fabel von dem frosch und dem ochsen
Wa sich die armen in übermuot also erheben, daz sie mainen
den mächtigen gelych syn,
die verfallen und zerbrechen von ierem hochmuot. Als dise
fabel ußwyset.
Ain frosch sach ainen ochsen gaun uff ainer waid, und
gedacht in im selber: Wa du dyn
gerunzelte hut uff bietest, du möchtest ouch wol so groß
werden, als diser ochs. Er fieng
sich an ze bleen so kreftiglich er mocht, und fragt syne
jungen und sprach zuo inen:
Wie bedunkt üch, bin ich so groß als der ochs? Sie
antwürten: Nain. Er bleet sich aber
noch baß und sprach zuo inen: Wie nun? Sie antwurten: Nichcz
des gelychen. Er ward
sich zuo dem dritten maul bleen, do zerbrach er und starb.
Uß dem ist das gemain sprichwort entsprungen: Du solt dich
nit ze ser bleen, daz du nit
brechest. Daz ist, du solt nit ze hoffärtig und übermütig
syn, oder du würdst vernichtet.
nach oben
|