Die erst fabel von dem han und
dem bernlin
Ein han suchet syne spys uff ainer misty, und als er
scharret, fand er ain kostlichs bernlin
an der unwirdigen statt ligende; do er aber daz also ligend
sach, sprach er: O du guotes
ding, wie liegst du so ellenglich in dem kautt! hette dich
ain gytiger gefunden, wie mit
großen fröden hett er dich uffgezuket, und werest du wider
in den alten schyn dyner
zierde geseczet worden. So aber ich dich finde an der
schnöden statt ligende, und lieber
myne spys fünde, so bist du weder mir nüczlich, noch ich
dir.
Dise fabel sagt Esopus denen, die in lesent und nit
verstant, die nit erkennent die kraft des
edeln bernlins, und das honig uß den bluomen nit sugen
künent; wann den selben ist er nit
nüczlich ze lesen.
Die ander fabel von dem wolff und dem lamp
Esopus seczet von den unschuldigen und den böslistigen
triegern ain sölliche fabel.
Ain wolff und ain lamp, baide durstige, kamen an ainen bach,
allda ze trinken; der wolff
trank oben an dem bach, und das lamp ferr unden. Do der
wolff das lamp ersach, sprach
er zuo im: So ich trinke, so trübst du mir das waßer? Das
geduldig lemlin sprach:
Wie mag ich dir das waßer trüb machen, das von dir zu mir
flüßet? Der wolff errötet nit
von der warhait des lamps und sprach: He, he, du fluochest
mir. Antwürt daz lamp:
Ich fluoch dir nit. Ja, sprach der wolff, vor sechs monet
det mirs dyn vater ouch.
Do sprach das lamp: Nun bin ich doch die selben zyt dannocht
nit geboren gewesen.
Do sprach der wolf: Du hast mir ouch mynen aker gar verwüst
mit dynem nagen und
verheret, Do sprach das lamp: Wie möcht das gesyn, nun hab
ich doch der zen nicht.
Do ward der wolf in zorn bewegt und sprach: Wie wol ich dyne
argument und ußzüg nit
alle widerreden kan, so will ich doch ain rychlich nachtmal
hinacht mit dir haben. Er fieng
das unschuldig lemplin, er nam im sin leben und fraß es.
Mit diser fabel will Esopus bezaigen, daz by bösen und
untrüwen anklegern vernunft
und warhait kain statt finden mag; söliche wolff fint man in
allen stetten.
Die III. Von der mus, frosch und wyen
Welher gedenckt dem andern laid und widerwärtikait ze
erzögen, der würt dem übel hart
entrinnen; darvon hör ain fabel.
Zu zyten ware ain mus gern über ain waßer gewesen, und
begeret raut und hilff von
einem frosch. Der frosch nam ain schnur und band den fuoß
der mus an synen fuoß, und
fieng an über das waßer ze schwimmen. Und als er mitten in
das waßer kam, tunket sich
der frosch, und zoch die mus under sich und wolt sie
ertrenken. Do des die eilend mus
enpfand, widerstund sy dem frosch nach ieren krefften; in
dem kompt ein wy geflogen
und nimpt die mit synen klawen, und den hangenden frosch mit
ir und aß sie baide.
Also beschicht ouch denen, die ander lüt veruntrüwen
wellent, und versprechent hilff,
und begeren ze schedigen, das in offt gelyche bütt würt.
Dise fabel findst ouch völliger in
dem leben Esopi by dem end.
Die IV. fabel von dem hund und schauff
Von den . . . seczet Esopus ain söliche fabel.
Ain . . . hund sprach ain schauff an vor gericht umb ain
brot, das er im geluhen hette.
Das schauff lögnet und sprach, er hett nie kain brot von im
enpfangen. Der hund rümet
sich zügnus, die ward im ze hören erkennet; do ward für
gezogen ain wolf der sprach:
Ich waiß, das er im das brot gelühen hat. Mer ain wy oder
ain aar der sprach: Ich bin
darby gewesen. Do der gyr hin yn gieng, sprach er zu dem
schauff: Wie getarst du lögnen,
das du enpfangen hast? Das schauff ward überwonden mit dry
falschen zügen, und geurtailt,
dem hund das brot alsbald wider ze geben, und ward
bezwungen, syne wollen ze
unrechten zyten an ze gryffen, daz es bezalen möchte, das es
nie schuldig worden was.
Also tund die den unschuldigen, daz sy allweg triegery über
sie erdenkend, und ir fürniemen
mit falschen zügen und gestiften lügen bestetigent.
Die V. fabel von dem hund und stuk flaisch
Welher ze vil gytig ist über fremdes guot, der verlürt offt
syn aigen guot dardurch.
Von den selben sagt Esopus also.
Ain hund truog ain stuk flaisch in dem mul, und lieff durch
ain fließend waßer.
Im durchlouffen sicht er das flaisch in das waßer schynen,
und wänet er sech ain ander
stuk in dem waßer, und ward begirig das selb ouch ze niemen,
und so bald er das mul uff
tett, das selb ouch ze erwüschen, enpfiel im das, das er vor
truog, und fuort es das
waßer bald hinweg. Also stuond er und hett das gewiß mit dem
ungewißen verlorn.
Darumb welher gytiger ze vil wil, dem würt offt ze wenig.
Die VI. fabel von dem löwen, rind, gaiß und schauff
Es ist ain gemain sprichwort: Nicht gesell dich zuo gewalt,
so behelt dyn wesen ouch ain
guot gestalt. Von dem sagt Esopus allen menschen ain
sölliche fabel.
Ain rind, ain gaiß, ain schauff, geselten sich zuo ainem
löwen. Sie zohen mit ainander uff
das gejagt in ainen forst und fiengen ainen hirs, der ward
in fier tail getailet. Do sprach
der leo: Den ersten tail nim ich, darumb, das ich ain leo
und ain künig aller tiere bin;
so ist der ander tail myn, darumb das ich sterker bin wann
ir; so will ich den dritten han,
darumb das ich fester geloffen bin wann ir. Weiher aber den
fierden an regt, des fynd will
ich syn. Also schilet der untrüw leo die dry von ieren
tailen und behielt er sie all.
Dise fabel warnet alle menschen vor der mechtigen
geselschafft hüten söllen; die selben
fabel seczet Rimicius in der nüwen translation uß
kriechisch in latin von dem löwen,
aim esel und aim fuchs. Und als der esel von dem löwen
gehaißen ward ze tailen, machet
er dry tail dar uß. Darum ward der leo zornig über den esel
und grißgramet mit den zenen und
sprach zuo dem fuchs, er solte tailen. Do stieß der fuchs
die tail all dry wider zesamen
und gab sie dem löwen gar. Das gefiel im und sprach: Fuchs,
wer hat dich so wol gelert tailen?
Antwürt er bald: Die sorg, dar inn der esel gestanden ist,
hat michs geleret.
Und wyset dise fabel, das der sälig ist, den fremde sorg
fürsichtig machet.
Die VII. fabel von dem dieb und der sunnen
Was dem menschen von der natur anhanget, das mag im hart
benomenn werden,
als dise fabel bezüget.
Uff ain zyt hetten die nachpuren große fröd und wolnust mit
ainem dieb uf syner hochzyt,
in hoffnung er würde sich verkeren. Zuo denen kam ain wyser
man, und als er sie in
fröden sach, sprach er zuo in: Hören zuo. Ich will üch
tiwere fröden ußlegen. Die sunn
wolt sich uf ain zyt vermäheln, das was wider alle land, und
warde die gancz weit darumb
ungedultig, so vil, das sie ouch den öbristen got Jupiter
darumb scheltwort nicht
überhuobent. Darumb ward Jupiter zornig, und fraget ursach
der scheltwort. Do sprach
ainer zuo im: Wir haben iecz nit me wann ain ainige sunnen,
die betrübt alle ding mit
ierer hicz, so vil, das sich die natur dar von krenket; was
sol uns dann künfftig werden,
wann die sunn ander sunnen bringen würde?
Die fabel zögt, das man sich nit mit den bösen fröwen sol
umb syns gelychen zemerren;
wann griß schlecht gern nach gramen, am dieb bringt den
andern.
Die VIII. fabel von dem wolff und kranch
Welher den bösen wol tuot, der würt selten belönet; dar von
hör dise fabel.
Ain wolff verschland ain bain, an dem er große pyn erlaide,
wann es im über zwerch in
dem schlund was gesteket; der erbot sich großes lones,
welher im an dem übel möchte
gehelffen. Do ward berüffet der kranch mit dem langen hals,
daz er dem wolff hilff
bewyset, der selb stieß synen kragen in den schlund des
wolffes und zoch im das bain
daruß und machet in gesund. Als aber dem wolff geholffenn
ward, begeret der kranch,
daz im der versprochen lon würde gegeben. Do sagt man wie
der wolff spräche: O wie
undankbar ist dieser kranch, so er so tief ist in mynen
schlund gewesen, und hab ich in
ungeleczt von mynen zennen laßen genesen, und begeret
dannocht lones von mir,
daz doch mynen tugenden schmachlich ist!
Dise fabel warnet alle die, die den bösen wellent dienstlich
syn oder guotes bewysen.
Die IX. fabel von zweien hunden
Senftmütige schmaichwort bringent offt den menschen
schädliche ungemach.
Und darumb daz wir den schmaichern und liebkallern nit uff
losen, sonder sie vermyden,
seczet Esopus dise fabel.
Ain tragende hüntin bat mit senften schmaichenden worten
demütiglich ainen hund,
das er ir vergündet in synem hüslin ze welffen. Der hund
vergündet ir das und wich uß
synem huß und ließ sie dar inn. Da das beschach daz sie
gewelffet hett und nun die
jungen erstarket waren, bat sie der hund uß ze gan und syn
hus zerumen, aber sie wolt
es nit tuon. Unlang darnach erfordert der hund syn hus mit
etwas tröworten bittende;
do antwürt im die hüntin ungestümglich: Warumb bekimerst
mich unrechtiglich? wilt du
je wider mich und myn volk syn oder bist du sterker wann
wir, so will ich uß dem hus wychen.
Also verlieren offt die fromen ir guot durch schmaichwort
und liebkallen der bösen.
Die X. fabel von aim man und ainer schlangen
Wer den bösen hilf bewyset, der sol wißen, daz er genuog
fast mistuot, und so er im wol
getan hat, so würdt er ze lon von im geschediget. Darumb hör
dise fabel.
Durch übrige kelty und große gefrüri ward ain man in
gütikait bewegt, daz er ain
schlangen in synem hus beherberget und winterfuoret mit
syner spys. Do die kalten zyt
vergangen waz, do ward der schlang mülich, und alle ding mit
syner gifft entrainigen,
und daz er nit mit gnaden uß schiede, so begeret er ze
leczen wien er möchte.
Dise fabel söllent alle merken, die in guotem willen
undankbarn menschen fürderlich und nücz
synt, die in dem abschaiden lieber wölten schedigen, wann
den nucz umb enpfanges
guot zuo fügen.
Die XI. fabel von dem esel und wilden schwyn
Von den übermütigen torochten spötigen menschen seczet der
wys ain sölliche fabel.
Etlich menschen schmächent die andern, dar uß in selber
ungemach uff erstat. Als der
esel, do er dem wilden schwyn begegnet, sprach er zuo im:
Ich grüß dich, bruoder.
Daz schwyn ward unwirsch und gab im nit antwürt und
verachtet syne wort, und schütet
den kopf und gedacht in im selb: Du wilt dyn zen mit dem
üppigen bluot nit vermalgen.
Wann wa du dich mit im ynlegtest, so müstest aintweders in
scheltenden oder zerrißnen
hinder dir laßen und ist beßer den toren über hören.
Dise fabel leret die menschen, daz man den toren vertragen
sol und die narren beschirmen,
die den wysen törlichen zuoredent.
Die XII. fabel von zwaien müsen
Vil beßer ist in armuot sicher leben, wann in richtung durch
forcht und sorgfeltikait
verschmorren, als durch dise kurcze fabel Esopi würt
bewyset.
Ain husmos gieng über feld und ward von ainer feldmus
gebetten, by ir ze herbergen.
Von der sie ward wol und schon in ir klaines hüslin
enpfangen, und mit aicheln und
gersten gespyset. Als sie aber von dannen schiede und ieren
weg volbracht, wider haim
in ir hus kerend, bat sie die feldmus, mit ir zegaun, und
das mal ouch mit ir ze niemen.
Das beschach, und giengen mit ainander in ain schön herlich
hus, in ainen keller, dar inn
aller hand spys behalten was. Die zöget die mus der mus und
sprach: Fründ, nun bruch
diser guoten spys nach dynem willen; deren hab ich täglich
überflüßig. Als sy aber
mangerlay spys genoßen hetten, do kam der keller ylend
geloffen und rumpelt an der
tür. Die müs erschrakent und wurden fliehen, die husmus in
ir erkantes loch; aber der
feldmus warend die löcher unerkant und wiste nit ze fliehen,
wann allain die wend uff
und ab ze louffen, und hette sich ieres lebens verwegen. Do
aber der schaffner uß dem
keller kam und die tür beschloßen hett, sprach die husmus
zuo der andern:
Warum betrübst du dich selber mit dynem fliehen, lieber
fründ? Laß uns eßen und wol
leben mit der guoten spys, wann hie ist kain sorg; fürcht
dir nit, sonder biß wol gemuot.
Antwürt die feldmus: Behalt dir dyne spys, bruch sie nach
dynem willen; wann du hast
weder sorg noch angst, dich bekümern ouch die täglich
trübseli nit; so leb ich wol und
mäßlich uff dem acker, frölich zuo allen dingen, kain sorg
bekrenket mich, kain trübsäli
des lybes, so bist du allweg sorgfältig, und haust kain
sicherhait; dir synt allweg fallen
gericht, dich ze fahen, die kaczen durchächten dich zuo
allen zyten, und bist iere spys on
widerstand, und von menglichem gehaßet.
Dise fabel straffet die lüt, die sich zuo andern höhern
menschen gesellent, daz sie etwas
von inen erlangen mügen, das in doch von dem gelükrad nicht
bescheret ist.
Darumb söllent die menschen das gemachsam ruowig leben
erwelen umb merer sicherhait
in ieren armen hüslin ze behalten, und nit begeren daz ieren
naturen nit zuo gehört
noch gewonlich ist.
Die XIII. fabel von dem adler und dem fuchs
Die mächtigen söllent die nidern nit verachten, als dise
fabel bezüget.
Ain adler nam ainem fuchs sine jungen füchslin, und füret
sie in syn nest ze spysen syne
jungen. Der fuchs lief hinauch und bat den adler, im syne
welffly wider ze geben.
Aber der adler verachtet in als den mindern, an dem wenig
läge. Der fuchs waz böslistig
und nam ainen brand von dem altar, dar uff von geschicht ain
offer bran und umbgab
den nesthom mit dürrem holcz und stupfeln und zündet die an.
So bald aber der rouch
und flamm knalczen und uffriechen wurden zuo den jungen in
daz nest, do ward der adler
laider und sorgfeltig umb syne kind, das sie nicht mit den
jungen füchsen verdürbent, und bat
den fuchs ab ze laußen, so wölt er im syne kind ouch frisch
und gesund wider antwürten.
Dise fabel leret die menschen, daz die nidern nit söllen
verachtet oder geleczet werden,
daz sie nit gestraffet werden mit dem feüwer der rauch und
gütlicher gerechtikait.
Als dise fabel in gelicher mainung, doch mit andern worten,
in den nüwen fabeln die erst
ist ußwyset, und ouch die dritt von dem adler und dem kefer.
Die XIV. fabel vom adler, schneken und kraen
Welcher sicher und bewaret ist, der hüt sich, daß er durch
bösen rant nit werde geschediget.
Dar von spricht Esopus also:
Ain adler nam ainen großen schneken in den fuoß und füret in
hoch uff in die lüfft,
doch hette sich der schnek yngezogen, daz in der adler nit
mocht uß dem hüslin
gewinnen. Do begegnet im ain kra und schmaichet im mit
worten und sprach: Du fürest
da ain über guoten roub. Aber es sye dann daz du sinn
bruchest, so verlüset du dyn
müe, und würt dir diser roub nit zuo nucz komen. Do
versprach der adler der kraen ainen
tail des roubes, daz sie im dar zuo riete. Do gab die kra
ainen sölichen ratt, und sprach:
Du solt uffliegen, uncz an die himel, und lauß den schneken
houch herab uff ainen stain
fallen, daz die schalen zerbrechen, so senhen wir die spys
vor uns ligen, die wir fröhlich
nießen werden. Durch disen listigen raut der kraen verdarb
der schnek und ward des
adlers spys und der kraen, wie wol er von der natur mit
hüslin und herten schalen wol
bewaret was.
Die XV. fabel vоп dem rappen mit dem käs und fuchsen
Welche den schmaichern und den liebkallern gerent ierer wort
ufflosen, die werdent
betrogen, und rüwig darum syn, als dise fabel ußwyset.
Ain rapp nam ainen käs in ainem fenster und füret in uf
ainen hohen boum. Do das ain
fuchs ersach, ward er des käs begirig, und sprach im zuo
schmaichend mit lobworten:
O rapp, welher ist dir gelych! Nun hat doch kain vogel
sölichen schyn der federn als du
hast. Kain zierlicher vogel möchte erfunden werden, wann du
nun ain stimm hettest,
dyner schöny gelyche; aber dyne stimm ist ze grob. Der rapp
fröwet sich des üppigen
falschen lobes und wolt sich gefälliger machen und syn stimm
größer erzaigen. Er rekt
sich und schry kreftiglich. Als er aber den schnabel uf
tett, enpfiel im der käs; denselben
ergrif der böslistig fuchs behendiglich und fraß in. Do ward
der rapp rüwig und merket
erst, daz alle süße wort des fuchs in list und untrüw warent
beschenhen.
Darum warnet dise fabel menglich vor den schmaichern und
liebkallern.
Die XVI. fabel von dem löwen, eber, stier und esel
Welher den gewalt verloren hat, der sol ouch synen hohmuot
von im legen, daz er nit
von menglichen gekestiget werde, als dise fabel ußwyset.
Ain leo ward ser krank von vily syner jar, daz er an synen
kreften fast het ab genomen,
so vil, als ob im die sele uß wölt gaun. Do kam zuo im ain
eber zorniger und schomend
mit synen scharpfschnydenden zenen, und rach an im den alten
schaden von im
enpfangen. Der stier stieße synen lyb und wundet in mit
baiden hornen. Do aber der esel
den also krank sach ligen, der ettwan syn fynd gewesen waz,
schluog er in mit synem
fuoß gar hart an die stirnen. Der leo ersüffczet und sprach:
Die wyl ich by minen kreften
was, do lebt ich in großen eren, ich waz menglichem
forchtsam und hetten mich alle tier
in sorgen und allain an mich gedenken erschreket iederman.
Ich bin ouch gegen vilen
gütig gewesen, die ich nit hab geleczet, sonder hilf
erzöget, die nun alle wider mich synd
erbittert, und so myn kraft und gewalt hin synd, so ist all
myn eer mit inen vergangen.
Dise fabel warnet und leret die gewaltigen, daz sie in ierem
gewalt gütig und senftmütig
syen, das kain rauch nach ußgang des gwalcz über sie gang.
Die XVII. fabel von dem esel und dem hündlin
Welcher zuo gebürlichen diensten nicht geordnet und
untöglich ist, der sol sich nit understaun,
dem beßern und höhern ze dienen, denen iere dienst
unenpfenglich werdent, dar von hör
dise fabel.
Ain esel sach, wie ain klaines hündlin von ainem herren
erzogen, sich täglich liebet gegen
dem herren, darumb es der herre straichet und gab im syner
spys, und alles husgesind
schmaichet im. Do das der esel ersach, gedacht er in im
selber: So das klain unsuber tier
myn herr sо lieb hatt, und das gancz husgesind umb so klain
schmaichend dienst,
wie lieb würde er mich dann haben, wann ich im ouch
schmaichet und gegen im mich
liebet; es würde im bas vоn mir gefallen, so ich so groß bin
und bas geboren, wann der
hund, und bin ouch zuo vil dingen nüczer, wann daz hündlin,
ich würd billich bas geeret.
Do aber der esel dise ding also in im selber betrachtet, so
sieht er den herren yn gaun;
ze hand lieff er dem herren engegen und erzöget syne fröd
mit synem geschray und
sprang uff den herren und stellet sich mit synen fordern
füßen uff die achseln des herren
und beschlecket im synen mund und das angesicht und bestrebt
im syn gewand und
truket den herren so hart, daz er die diener anrüffet, daz
sie in vor dem esel fryen
möchten. Da ward alles husgesind über den esel beweget mit
stangen, steken und
stainen, und zerschluogen im synen ruken und die lend,
zerbrachen syne ripp,
und bunden in wider an die kripp müden, daz er hart by leben
mocht belyben.
Dise fabel wyset, daz nieman also in übermuot sol erheben,
daz er sich höher dienst underwinde,
die im nit gebürlich synd.
Die XVIII. fabel von dem löwen und der mus
Ob ain unachtbar oder schlechter mensch von dem nidersten
staut den obersten etwas
schmachait oder unrechts zuofüget voruß ungefarlich, und
bittet syn verschulden ab ze
laßen, dem sol man geweren, wann es komt die zyt des
belönens und widergelt der armen
gegen den rychen oder mächtigen, dar zuo hör dise fabel.
Ain leo lag schlaffend in ainem wald, und als sich die
feldmus gailten und scherczten
under einander, sprang aine ungefarlich uff den löwen. Der
leo erwachet und ergriff sie
behendiglich. Die mus batt in, ir gütiglich iere schuld und
mistat ze vergeben, wann sie
daz doch nit mit willen gethan hett. Und sagt, wie ieren vil
mit ainander hetten
gescherczet, und sie wäre ungefarlich allain und kain andre
mit ir uff in gesprungen und
batte in syner gnaden. Der leo bedacht in im selber, daz die
rach gegen ainer mus gar
klain wäre und mer unlobs wann eere uß söllicher rauche im
uferstünde, und vergab der
mus ir mistat und ließ sie louffen; die mus schied in
dankbarkait hinweg. In wenig tagen
hinach fiel der leo in ain necz, und als er enpfand, daz er
gefangen was, ward er über lut
löwen und schryen und mit großem schmercz syn ungefell mit
hülen erklagen. Do das die
mus erhöret, lieff sie bald zuo im und beschouwet, was im
anläge oder ungefelles wäre
zuo gestanden. Do aber die mus erkennet, daz er gefangen
was, sprach sie zuo im:
Du solt dir nit fürchten, ich will dir dyner guothait wider
gelten, die du mir gethon hast,
und darum dankbar syn, und ward alle list der strik syner
gefänknüs beschouwen, und so
bald sie die erkennet, nam sie die arbait ierer zen an sich
und fieng an ab ze nagen und
öffnen alle knöpf der gefenknus und alle iere list
vernichten, und lediget dar mit den
löwen und schikt in frölich wider in den wald.
Dise fabel leret, daz man die mindern nit synt ze verachten,
wann die stund komet,
das alle guothait wirt belonnet.
Die XIX. fabel von zweyen wyen
Welher sich mit menglichem zweyt und allweg hadert, der
verwege sich hilff und
bystands in synen nöten. Dar von söllen wir dise fabel des
maisters hören.
Zuo zyten was ain wy krank, und als er vil monet gelegen
waz, und kain hoffnung lebens
mer an im sahe, bat er wainend syne muoter, daz sie
umbgienge die hailigen stett,
und groß gelübte für in tette um hail und gesunthait ze
erwerben. Ich wils gern tuon,
lieber sun, sprach die muoter, aber ich besorge, daz ich
nichcz erwerben müge, wann du
bist alle zyt on gota forcht gewesen. Du hast alle tempel
beroubet, und hast alle altar
enteret, und kainer hailikait geschonet. War für wäre dann
min bitten für dich!
Dise fabel süllen die merken, die in sünden staund und ablaß
suochen ungerüwet und
gebychtiget. Es sol ain ietlich mensch vor luter werden on
alle masen, will er von gott
umb syn bitten erhöret werden; ouch dise menschen, die sich
mit menglichen zweyen
und allweg böslistig in widerwärtigkait lebent, wann koment
sy in not, so werdent sie
gewonlich on hilf verlassen.
Die XX. fabel von ainer schwalben und von den andern
vogel
Welhi guotem raut nit volgen, die enpfahen offt großen
schaden. Als dise fabel ußwyset.
Do alle vogel uff ain zyt sachen den aker buwen, hanff und
lyn daryn seyen, ward daz
von inen verachtet. Aber die schwalb kund wol merken, was
das seyen uff im truog,
und ließ allen vogeln sagen, wie ain übel ding das wäre,
aber sie hetten nicht acht daruff.
Darnach als der flachs und hanff ains tails gewuochs, sprach
die schwalb aber zuo in:
Daz komt uns zuo übel, koment alle, daz wir in uß rüten;
wann so bald das vol
gewachset, so würt man necz daruß striken, daz wir durch
menschlich künsten und list
gefangen werden. Die vogel verachtetent alle ieren raut, und
sie ward verspottet. Do daz
die swalb merket, do schied sie von den vogeln ab dem feld,
und zoch sich in die hüser
zuo den lüten, daz iere wonung under den techern sicherer
wäre, und welche ierem raut
nit volgen wölten, allweg in sorgen stünden, das sie itt in
den neczen gefangen würden.
Dise fabel sollent die aigensinnigen merken, die allweg
bedunket, ir aigen fürniemen sye das best,
und anderen räten nümer volgen wellent.
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